Gabriela Dauerer vor ihren Ölgemälden© HDR
Heinrich Heine - eine Photo Morgana - war in München ein großer Erfolg.© Jeanette Clasen

Rot-Weiße Künstler

Gabriele Dauerer - konsequent und souverän.

Gabriele Dauerer (Jahrgang 1958) ist eine waschechte Nürnbergerin - und eine Weltbürgerin. Während ihrer Lehr- und Wanderjahre lebte und arbeitete sie in Nizza, Florenz, New York und Mönchengladbach. Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnung erhielt sie während dieser Jahre.

Heute lebt sie wieder in Nürnberg. Ihr Atelier ist groß und hell. Aber anders als im Rheinland, verirren sich kaum Kunstinteressierte in diese kleine Halle. Schade - hier entsteht große, kompromisslose und radikale Kunst.

Ein Höhepunkt war ihre Teilnahme an der 50. Biennale von Venedig. 2003 vertrat sie, zusammen mit Barbara Sillari, Monaco mit der Projektarbeit "Il sogno que risorge dalla vita". Barbara Sillari aus Italien und Gabriele Dauerer lernten sich während der gemeinsamen Studienzeit an der Villa Arson, der Internationalen Pilotschule für Kunst in Nizza, kennen.

www.gabriela-dauerer.de

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Jeanette Clasen: das Ganze besteht aus Teilen.

Jeanette Clasen (früher Jeanette Richter) zog es 1974 weg aus ihrer fränkischen Heimatstadt Weißenburg nach Nürnberg an die Kunstakademie. Damals war sie 17 Jahre alt. Von dort machte sie sich auf in die weite Welt, auf längere Studienreisen nach New York und Los Angeles, und als sie wieder zurück war, wechselte sie an die Akademie der bildenden Künste nach München. Nach dem Abschluss 1982 für Malerei und freie Grafik folgten mehrere Einzel- und Gruppenausstellungen im In-und Ausland. Es lief gut: Sie erhielt Stipendien für eigene Ateliers, bekannte Sammlungen kauften ihre Werke wie zum Beispiel die Bayerische Staatsgemäldesammlung. Und einige Wettbewerbe für die Gestaltung des öffentlichen Raumes gewann sie. Seit 1992 wohnt sie in Rotenburg an der Wümme – nicht weit von Bremen und Hamburg.

 

Ich erinnere mich gerne an die stillen Tage im Münchner Stadtteil Haidhausen: Jeanette pinselte fröhlich viele Tupfer auf die Leinwand, nannte das Bild schließlich „ist was ist“, und die Zeit strich gemütlich dahin. Ich als strenger Rationalist verstand sehr wenig von Kunst. „Komplex arbeite ich eben!“, sagte sie schon fast trotzig, als ich meinen Blick fragend von der Leinwand zu einer Fotocollagewandern ließ. Später kamen noch Objekte hinzu, komponiert aus hunderten Scheckkartenfragmenten mit  Portrait-Hologrammen von Wagner und Beethoven. Ich fühlte mich wohl im Atelier, mochte diese Atmosphäre, ohne dass mich die Kunst wirklich berührte.

 

Mein fehlendes Verständnis lag aber nicht an Jeanette und ihren Werken, sondern daran, dass ich es damals schöner fand, am Abend durch die Münchner Brauhäuser zu ziehen. Dabei konnte es durchaus sein, dass ich mich auf eine Diskussion über Kunst einließ, auch wenn ich nicht immer alles verstand. Ich erinnere mich noch gut, wie sie „von Ordnung und Chaos, von Auflösung und Zusammenfügung und von Struktur und dem Ganzen“ sprach. Doch erst als wir wenig später die U-Bahn nahmen, dämmerte mir, was sie gemeint haben könnte, und ich staunte nicht schlecht: Im U-Bahnhof hing eine riesige Collage an der Wand, die von Weitem ein Porträt von Heinrich Heine ergab. Erst bei näherem Hinsehen erkannte man, dass es aus Tausenden von Passfotos bestand. Ich stand beeindruckt vor einem Werk von Jeanette und war hellauf begeistert. Auch das große Farbtupfer-Bild aus dem Atelier „ist was ist“ landete später im Münchner „Haus der Kunst“ und hing neben Frank Stella.

Jeanette entwickelte sich weiter während ich sie über Jahrzehnte aus den Augen verlor. Noch während ihrer Münchner Periode entwickelte sie die Malerei  und Zeichnung als einen schöpferischen Gegenpol zu den aufwändigen, konzeptionellen „Mosaik“-Arbeiten, jene Foto-Grosscollagen, die sie „Photo Morgana“ nannte. Themen wie „Entfallene Gedanken“, „Erinnerung“ oder „Der Traum“ bildeten neue Höhepunkte ihres künstlerischen Schaffens in der Malerei.

Im Jahr 1992 kehrte sie Süddeutschland endgültig den Rücken und siedelte sich mit ihrer Familie in der norddeutschen Tiefebene an  - nur unweit von Worpswede.

„Ein wenig wehmütig war ich anfangs schon – die Stadt  - und speziell München - war in diesen Jahren meine künstlerische Heimat und der Quell meine Ideen geworden!“ gesteht sie freimütig. „Aber ich war dann auch fasziniert von den leuchtenden Rapsfeldern der norddeutschen Tiefebene im Frühjahr,  zumal das Gelb des Rapses gegen das dunkle graue Moor im langen Winter schiere Lebensenergie verstrahlte. Dieses Gelb, der blaue Himmel, die Wolken und dazu das nordische Licht regten mich sofort an, das alles auf die Leinwand zu bringen!" Landschaften hatten sie zuvor als Künstlerin nie so stark berührt – selbst die oberbayerischen Weiden und Wiesen nicht, die bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Alpen reichten.

 

Ende April standen wir wieder in dieser Landschaft – in einem Meer aus gelben Blüten. „Du kannst das sicher verstehen, es war so, als wäre ich in einen Farbtopf gefallen!“ Sprach es und lachte. Gelb ist nicht einfach, aber es gefällt mir. Es ist nicht das manchmal fragile, fast durchsichtige Gelb von William Turner, ihr Gelb ist präsent, es ist mächtig! Ich sehe viele ambivalente Schichten in ihren Gemälden, die sich öffnen, ein Eigenleben sichtbar machen und sich dann wieder zu einem Ganzen verbinden. Dabei wirken ihre Landschaften immer fröhlich und anregend auf mich. „Mir war und ist das Gelb manchmal zu viel, daher bringe ich blau mit auf die Leinwand - denn ich bin eher ein „blauer „ Mensch – und vieles andere, das du finden musst!“

 

Gerade arbeitet Jeanette Clasen an einem Bühnenbild zur Matthäus Passion. Ich konnte noch keinen Blick darauf werfen, aber ich bin gespannt. Am Telefon sagte sie mir: „Ich bin zur Zeit sehr konzentriert bei der Arbeit – es ist wie eine Wiedergeburt!“ Im April werde ich es sehen, wenn ich wieder zu den Rapsfeldern im Norden reise. Sie selbst verrät nicht viel über die Wiedergeburt, außer so viel: „Auch hier fügen sich schließlich Teile zum Ganzen und überwinden somit die Auflösung.“

www.jeanette-clasen.de

Hermann Drummer