Ralf Loos inmitten seiner Baustelle in SausenhofenHDR
Eva Martiny vom Projekt JurahausHDR
Der Rot-Weiße Satz des Jahres 2012HDR
Stille Tage in WeißenburgHDR
Wir haben das einzige echte Europahaus in der Provinz.© HDR
Filmisches Gewusel im Wirtschaftshof des Ellinger SchlossesRainer Heubeck

Rot-Weißes Kaleidoskop

Ralf Loos: Einmal um die Welt - und zurück.

Als Ralf Loos am 25. April 1961 in Weißenburg geboren wurde, stand ihm der Himmel und die Welt offen. Das erfuhr er aber erst später. Zunächst sah er sich als junger Mann die Welt von oben an. Mit dem Fallschirm näherte er sich schwebend wieder der Welt. Das genügte ihm offensichtlich nicht: nach dem ersten und zweiten juristischen Staatsexamen zog es ihn über den atlantischen Teich. In den USA war er Leiter einer Dentalfirma.

Dann sahen seine beruflichen Stationen wie Verbindungen eines Schnittmusters einer Modezeitschrift aus: in Europa für ein japanisches Unternehmen, freiberuflich in Paris und Chester (UK), dann Leipzig und schließlich in Sausenhofen. Sausenhofen? Ja, Sausenhofen! Das ist sein neues Leben als Privatier. Dort bringt er einen Bauernhof aus dem 16. Jahrhundert wieder auf Vordermann. "Es ist schon anstrengend und kräftezehrend", das gibt er wohl zu. Aber was anderes kann er sich auch nicht vorstellen - und will es auch nicht.

Ralf Loos ist angekommen - mit Begeisterung. Wir alle freuen uns auf das Einweihungsfest.

Eva Martiny: Streiterin für das Jurahaus

Das „Jurahaus“ hat über Jahrhunderte entlang der Altmühl das Landschaftsbild beherrscht und geprägt. Eva Martiny engagiert sich leidenschaftlich dafür, dass die wenigen bestehenden Exemplare 'überleben'! Leider gibt es kaum ein Bewusstsein, dass es sich beim Jurahaus um einen einzigartigen Haustyp handelt, der so kein zweites Mal auf der Welt anzutreffen ist. Das Jurahaus-Projekt will dem entgegenwirken.

Eva Martiny möchte Eigentümer vom Wert ihres Hauses überzeugen. "Im Idealfall willigen sie in eine Sanierung ein, und das Projekt Jurahaus findet dann eine sinnvolle Nutzung." Aber es gibt viele  Eigentümer, die ihr Haus verfallen lassen. Einmal verfallen, kann man es leicht beseitigen. Eigentlich wäre es Aufgabe der öffentlichen Hand, dem entgegen zu wirken. Aber die Eigentümer werden von den Politikern fast immer allein gelassen. Nur in Sonntagsreden sprechen sie über dieses Thema, ansonsten räumen sie dem Bau von Straßen und Gewerbegebieten Priorität ein. Das sichert vermeintlich die Wählstimmen.

So ist der Denkmalschutz oft ambivalent. Die Eigentümer werden daran gehindert, historische Bauten zu zerstören. Aber niemand wird gezwungen, alles zu tun, um sie zu erhalten. Und vor allem unterstützt niemand die Eigentümer finanziell. Oftmals ist es dann einfacher, das Haus verkommen zu lassen. Das passiert nicht immer, aber doch zu häufig. Besonders dann, wenn ein Gebäude zwar schützenswert wäre, aber nicht attraktiv erscheint.

www.jurahaus-verein.de

Daniela Schadt: Nürnberg wäre noch besser.

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 3. Oktober 2012:

"Apropos Bayern: Wenn Joachim Gauck und Daniela Schadt in München an den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit teilnehmen, ist es für Schadt, die Jahrzehnte im Freistaat gelebt hat, fast so etwas wie eine Fügung des Schicksals: 'Es ist schön, dass die Zeremonie in Bayern stattfindet', sagt sie und lacht, 'aber Nürnberg würde mir noch besser gefallen:'"

Paty Cantú: Einmal in Franken singen.

Für sie ist es einfach nur schön in Franken: „Es ist ganz anders hier. Ich laufe durch die Straßen und niemand erkennt mich!“ Ihre Heimat ist Guadalajara in Mexiko, sie lebt in der Riesenstadt Mexiko-City, und dort kennen und erkennen sie alle. Ihre Unterschrift gehört zu den begehrtesten Autogrammen in Lateinamerika. In den Hitparaden hat sie ein Abonnement, seit sie im Januar 2009 mit gerade mal 26 Jahren ihre Solokarriere mit dem Debütalbum ‚Me Quedo Sola! lancierte. Prompt wurde sie für die renommierte Auszeichnung als ‚Best Breakthrough Artist’ der ‚MTV Latin Music Awards nommiert. 2011 erhielt sie ihre erste Goldene Schallplatte.

 

Jason Birchmeier schreibt auf allmusic.com: „Me Quedo Sola hat nur 36 Minuten Musik, aber da ist kein Ausfall dabei. Jedes Lied hat hohe Qualität. Das Album hat eine gute Balance zwischen Pop Musik und Power Balladen.“Es läuft gut für die 29jährige, die sich noch sehr viel vorgenommen hat. Sie hat Talent – das bestätigen ihr alle. Sie hat auch Ehrgeiz. Und „ich schreibe alle meine Songs selbst“, sagt sie stolz und selbstbewusst. Gerade ist ihr drittes Album „Corazón bipolar“ erschienen – in Mexiko, in den USA, in Spanien und in den meisten Ländern Lateinamerikas. Allesamt eigene Texte: „Natürlich bespreche ich mit Profis aus dem Schlagergeschäft meine Texte und ändere dies und das, aber im wesentlichen sind das Texte, die aus meinem Kopf und Herzen stammen.“

 

Gerade die Zeit in Franken ist für Paty Cantú eine Quelle neuer Ideen und Inspirationen: „Ich spaziere durch Nürnberg oder Rothenburg ob der Tauber und dann fließen mir Gedanken zu, die ich zu Hause nur noch in die mexikanische Mentalität übersetzen muss!“ Einmal im Jahr will sie in Franken sein – meist zu Weihnachten, dann besucht sie ihre Schwester Loly und deren Familie in Weißenburg. Sie liebt es einzutauchen in die anonyme Welt der kleinen Stadt. Es ist Winter, aber sie war auch schon mal im Mai in Franken. Das war für Paty der absolute Höhepunkt. Sie war auf der Erlanger Bergkirchweih: „Das war bisher mein schönstes Erlebnis in Franken – und ich muss einfach mal wieder im Frühling oder Sommer nach Deutschland kommen.“

 

Sie wird wieder auf Tournee gehen, vor großem Publikum auftreten und wahrscheinlich wird die Begeisterung zunehmen. Es läuft traumhaft gut für Paty – aber einen Traum hat sie  noch: „Einmal möchte ich in Franken auftreten – dafür würde ich sogar ein Lied auf deutsch singen!“ 

patycantu.com

www.facebook.com/soypatycantu


Hermann Drummer

Prof. Grzega: Europa fängt in der Provinz an.

„Das ist einzige echte Europahaus im ländlichen Raum, in einer Kleinstadt!“, mit diesen Worten empfängt mich Prof. Dr. Grzega. „Genau dort müssten sie doch wie Pilze aus dem Boden schießen“, denke ich mir. Aber falsch gedacht. Die Stadt Pappenheim hat Neuland betreten und fast keiner weiß es. Auch das Konzept von Prof. Grzega von Anfang bis Ende durchdacht ... und für den ländlichen Raum absolut neuartig.

 

Für Prof. Grzega muss das Pilotprojekt eingebettet werden in die praktischen Erfahrungen der Menschen. Der Europagedanke muss sozusagen in Fleisch und Blut übergehen. Ein Weg sind lebendige Partnerschaften mit Kleinstädten in Europa. Eine davon ist mit Coussac-Bonneval. Das Örtchen liegt im Limousin mit der Regionalhauptstadt Limoges, nach weiter von der Welt entfernt als Pappenheim. In Frankreich gibt es Verb, das heißt ‚limoger’ und bedeutet soviel wie jemanden in die Wüste schicken. „Aber, wir können uns nicht nur auf die alten Achsen konzentrieren. Osteuropa ist ein Teil der Europäischen Union geworden und wir müssen uns auch um Kontakte in diesen Ländern kümmern“! Iszkaszentgyörgy liegt nicht weit vom ungarischen Stuhlweißenburg und hat circa 2000 Einwohner.

 

Mir gefällt der Gedanke, dass die ländlichen Orte der europäischen Idee Leben einhauchen sollen sofort. Ich sehe sofort den Slogan ‚Europa kommt zu seinen Bürgern – und seine Bürger werden Europäer!“ Aber noch ist es nicht so weit und noch wartet auf Prof. Grzega eine Menge an Arbeit - und die ist ohne sein zusätzliches Engagement kaum zu bewältigen. Als überzeugter Europäer ‚möchte ich Europa sichtbar, spürbar und erlebbar machen.“ Das geht nur mit der Windrose: „Wir müssen in alle Himmelrichtungen Kontakte knüpfen.“ Pappenheim liegt im Zentrum und dort aus möchte er vier kulturelle Achsen entwickeln: nach Frankreich, nach Ungarn, nach Finnland und nach Italien.

 

Ohne Sprache geht das auch, aber mit Sprachen geht es viel besser. Angefangen wird mit der englischen Sprache, die sich am Alltag orientiert: „Es ist wichtig, dass sich die Menschen unterhalten können, viel wichtiger als die korrekte Grammatik und einer Aussprache, die nur in Oxford zu hören ist.“ Aber Prof. Grzega legt noch einen drauf: „Sprache soll sich an unseren Zielen, an unseren Projekten orientieren, so werden auch im Sprachunterricht, die europäischen Themen am Beispiel der Kleinstadt entwickelt!“

 

Mir gefällt die Idee und sie erinnert mich an meine Zeit als ich für die Versammlung der Regionen Europas arbeitet und die großen, aber unbekannten Europäer in irgendeiner versteckten regionalen Ecke entdeckte und mir dachte: „Das ist der Zement, den das europäische Haus braucht!“ Und da ist jetzt einer in einem Städtchen an der Altmühl, der setzt an, Europa fern der Zentrale von unten aufzubauen. Und da dachte ich, ich würde meine Pappenheimer kennen.

 

Prof. Dr. Joachim Grzega

Europäisches Haus Pappenheim (EHP)

Stadt Pappenheim

Marktplatz 1

91788 Pappenheim

 

09143-60 6 60

www.ehp-online.eu

grzega@pappenheim.de


Hermann Drummer

 






Kurt Landauer: Sein Leben gefilmt in Ellingen

 Die Luft im schummrigen und deutlich in die Jahre gekommenen Gewölbekeller ist rauchgeschwängert, die Ami-Zigaretten qualmen vor sich hin. Bierkrüge stehen auf bunt zusammen gewürfelten Tischen, der Nachschub in Bügelflaschen und Holztragerln steht bereit. Am Tisch im Keller des Theaters am Gärtnerplatz diskutieren drei Münchener über den Fußball und wie dieser wieder etabliert werden könnte – trotz der Trümmer und Not da draußen in der Nachkriegszeit 1947.

Eine Zeitreise zurück dauert dieser Tage in Ellingen nur ein paar Sekunden, nur wenige Schritte sind es vom Wirtschaftshof  des Deutschordensschlosses durch einen lichtdichten schweren Vorhang hinein in die Vergangenheit. „Es ist die ideale Location“, sagt Produktionsleiter Peter Kreutz, der für „Zeitsprung Pictures“ das Filmset überwacht. 
Schauspieler Josef Bierbichler kontrolliert derweil mit Regisseur Hans Steinbichler die zuletzt abgedrehte Szene, in der er als Kurt Landauer mit Sigi Hermann und Conny Heitkamp (gespielt von Herbert Knaup und Andreas Lust) austüftelt, wie von der US-Besatzungsmacht doch endlich die Lizenz für den Fußball zu bekommen wäre: Ein großes Duell muss her, „bei der der Ami nicht Nein sagen kann, am besten zwischen den alten Rivalen FC Bayern München und den „Sechz’gern“, auch wenn diese noch als der Nazi- und SA-Verein galten. Landauer setzt das Münchener Derby durch und wird bald erneut zum Vorsitzenden des heute erfolgreichsten deutschen Fußballclubs gewählt.

Es ist die Geschichte eines Lebens für den Fußballsport, welche die ARD in Auftrag gegeben hat und die als Fernsehfilm Ende 20143 zu sehen sein soll – zum 130. Geburtstag Landauers. Der gebürtige Planegger hatte schon 1901 für den FC Bayern München gekickt, jenen Verein der in der Schwabinger Bohème gegründet wurde und dessen Spieler damals mit kurzen Krawatten aufliefen. Landauer wurde Präsident des FCB und begründete dessen Aufstieg in den Jahren zwischen 1919 und 1933. Unter Landauer holten sich die Münchener 1932 die erste Deutsche Meisterschaft mit einem 2:0-Sieg über Eintracht Frankfurt. 


Im Jahr danach trafen ihn die politischen Veränderungen mit voller Wucht: Als Jude durfte er nach der Machtergreifung Hitlers im März 1933 seinen Beruf als Anzeigenleiter der Münchener Neuesten Nachrichten nicht mehr ausüben, wenig später musste er sein Präsidentenamt beim FC Bayern München abgeben, obwohl das vom Verein keiner gewollt hatte.  Nach der Reichskristallnacht 1938 wurde Kurt Landauer im KZ Dachau interniert, konnte aber nach seiner Freilassung 1939 mit Hilfe von Freunden in die Schweiz flüchten. Vier seiner Geschwister wurden von den Nazis ermordet.
1947 kehrte Landauer nach Deutschland zurück – eigentlich nur, um sich Papiere für eine Ausreise in die Vereinigten Staaten zu besorgen. Doch in München ließen ihn sein darnieder liegener Verein  und der Fußball bleiben. Bald schon hatte der Verein die Lizenz zum offiziellen Spiel in der Oberliga Süd. Ohne den ersten Präsidenten nach dem Krieg wäre der FCB heute wohl nicht der, der er ist.

Grund genug für die ARD, dessen Lebensgeschichte zu verfilmen – mit großem Aufwand. Bis zu 200 Komparsen werden je nach Szene angekarrt, in Ellingen waren es 60, die für drei Minuten Filmszene in die Klamotten von 1947 gesteckt und entsprechend geschminkt wurden. „Da muss alles passen – von der Frisur bis zum Schuh“ erzählt Kreutz vor etlichen Lastwagen voller Requisiten, Bekleidung und Filmlogistik. Das Ganze ist auch für die Produktionsfirma „kein alltäglicher Aufwand“, vor allem weil in Ellingen sich rund 60 Menschen auch um das letzte Detail kümmern müssen. Steht der Bierkrug noch da, wo er in der vorherigen Einstellung stand, passt das Licht (ein Seitenflügel des Wirtschaftshofes wurde für die Dreharbeiten komplett abgedunkelt) und sind auch Zigarettenstummel im Aschenbecher – sonst wäre die rauchgeschwängerte Luft ja nicht da.

Den aus dem 18. Jahrhundert stammenden Wirtschaftshof entdeckte Location-Scout Ute Platzer für „Zeitsprung“, die jüngst auch in Fürth und Nürnberg drehte. „Solches historisches Umfeld haben wir in München und Umgebung nicht“, begründet Kreutz den Hauptdreh in Franken. Daneben wichen die Filmemacher auch nach Essen aus, um dort etwa die Stadionszenen möglichst echt einzufangen. In Ellingen gab es zudem Dutzende historische Requisiten für den Dreh – vom Pferdegeschirr bis hin zu alten Landmaschinen. Und auch die Dusche der Fußballer konnte in einem Nebenraum des mächtigen Scheunenkomplexes nachgebaut werden – es soll ja echt improvisiert aussehen wie damals.

Ansonsten geht es am Drehort generalstabsmäßig zu: Die Einstellungen wollen exakt geplant sein, vor allem in der letzten Drehwoche. Zwölf oder mehr Stunden Arbeit pro Tag für drei Minuten Film – es ist ein immenser Aufwand, der nicht allein mit den Geldern der öffentlich-rechtlichen Sender, sondern auch mit staatlicher Filmförderung aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland realisiert wird. 

Für die drei Drehtage im Ellinger Wirtschaftshof „haben wir etwa eine Woche Vorlauf“. Kreutz zufolge müssen Starkstromkabel und Anschlüsse verlegt, die Kulissen leer geräumt und vorbereitet werden oder – wie jüngst in Fürth – heutige Straßenschilder und moderne Straßenlaternen abmontiert werden. Spielen Filme in der Vergangenheit, „muss einfach alles bis ins kleinste Detail passen“.



Rainer Heubeck im Weißenburger Tagblatt vom 23. August 2013

rotweiss@wir-sind-rotweiss.de