Zartes Glück der Erde findest du im Filet der Pferde.© HDR
Aufgespießt: "Franken muss nicht neidvoll auf andere schauen"HDR
Stadtplanung ist anspruchsvoll und sollte ambitiös sein.HDR

Rot-Weiße Feder

Fohlen statt Froschschenkel

„Geiz ist geil“ – den Slogan einer Elektronik-Fachmarktkette kennt fast jeder, den einer anderen auch: „Ich bin doch nicht blöd.“ Ob das nach dem jüngsten Lebensmittelskandal noch gilt, darf bezweifelt werden. Klar für das Zweit-Pferd, den Drittwagen, den Viert-Urlaub und die fünfte Designer-Jeans muss gespart werden. Am besten bei einen warmen Mahlzeit am Tag. Da kommt die Tiefkühl-Lasagne mit Rinder- und Pferdehack zum Aktionspreis von 2,99 Euro doch gerade recht. Und enorm viel Zeit wird mit der geschichteten Nudelpampe beim sekundenschnellen Mikrowellen-Aufwärmen auch noch gespart, schließlich will das schmucke Cabrio auch genutzt werden. Mit 200 Pferdestärken unter der Haube und – na sagen wir mal – einem tausendstel PS im Magen fährt sich’s einfach gut.

 

Pferdefleisch hat aber noch viele weitere Vorteile: Das Tier stammt garantiert aus Bodenhaltung (sonst hieße es Pfluftl, wie Fredl Fesl vorsang), es ist zart weil meistens gut geritten, wurde mit Heu und Hafer gefüttert statt mit Tiermehl und hatte auf der Koppel viel Auslauf. Also, warum kein Pferdefleisch essen – im Trentino und abseits des toruistischen Pizza-Wahnsinns am Lago Tedesco (respektive del Garda) gibt es noch Pferdegulasch oder Fohlensteaks in den Trattorien. Pferd ist dort eine echte Delikatesse.

 

Also Pferd statt Parmaschinken und Fohlen statt Froschschenkel. Das ist kein Skandal, sondern die Zukunft! Und die Fischstäbchen machen wir künftig aus Seepferdchen, der Camenbert ist eh schon ein Schimmel-Käse – das hat noch keiner so richtig begriffen.

 

Bei allem Gewiehere um den derzeitigen Fleischbetrug – Pferdefleisch bietet auch ungeahnte Marktchancen abseits von Lebensmittelskandalen wie BSE und Dioxin-Broilern: Vom Rennbahn-Sieger könnte das schnellste Filet auf den Grill kommen, das Military-Pferd wird zum Bundeswehr-Eintopf, der Spring-Champion ist perfekt für das Flying Buffet und der Ackergaul kommt gebraten mit Beilage vom jeweiligen Feld auf den Teller – als perfekter regionaler Kreislauf. Und für das medaillengekrönte Olympiapferd müsste sich doch ein guter Kilopreis erzielen lassen. Stolz können Sie dann bemerken: „Kinder, heute gibt es Ratina Z. Unser Braten hat mal Gold gewonnen.“

 

Also nicht aufregen, sondern weiteressen und weitersparen: Geiz isst Gaul.


Rainer Heubeck im Weißenburger Tagblatt vom 23./24. Februar 2013

rotweiss@wir-sind-rotweiss.de

Weiche Faktoren wichtig auch in harten Zeiten

Vor allem ratlose Kommunalpolitiker verweisen gerne auf die quasi 'in Stein gemeiselten Erfolge' wie Straßen und Gebäude. Das kann man sehen und anfassen. Die weichen Faktoren, die sind unsichtbar! Damit tut man sich sehr hart. Dabei ist längst unumstritten, dass Kultur ein wesentlicher Standortfaktor ist und sich nicht alle Unternehmen nur Flächen auf der grünen Wiese und im Nirgendwo wünschen. 

Die Nürnberger Nachrichten berichteten am 27. Februar 2013 über ein Gespräch des Unternehmens- und Politikberaters Roland Berger mit der Wirtschaftskommission der CSU:

"Und es geht, so Berger, nicht zuletzt um eher weiche Faktoren. 'Franken darf noch mehr Selbstbewusstsein zeigen, niemand muss neidvoll auf andere, begünstigtere Regionen etwa in Südbayern schauen.' Wenn die Altbayern sagen 'mia san mia', so Berger, dann soll Franken einfach dagegenhalten 'wir sind wir'."

MIt Blick auf den Bevölkerungsschwund in Teilen der Metropolregion sagte Berger: 'Gerade diese Region muss attraktiv sein für die besten Köpfe'. Es komme darauf an, die 'unglaublichen kulturellen Stärken' der Region besser herauszustellen. Das Germanische Nationalmuseum sei 'weltweit einzigartig', es gebe einen riesigen Schatz an Festspielen, an herausragender Architektur. 'Das könnte noch bekannter werden, wir müssen sozusagen die Kulturregion mit der sehr starken Wirtschaftsregion verheiraten.'

Das tut gut! Wir haben den unentdeckten Limes, der wegen allgemeiner Ratlosigkeit dahinschlummert oder auch die Barocklandschaft rund um und in Ellingen. Oder ... oder ... oder ...! Man müsste nur aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst werden! Wo bleibt der Prinz?

Hermann Drummer


Kommunalpolitiker konterkarieren Konzepte

Monika Walther ist 49 Jahre alt und lebt in einem Ort mit dem schönen Namen: Rosengarten. Das ist ganz nah bei Hamburg. Die HafenCity Unitversität Hamburg (HCU) ist Ihre wissenschaftliche Heimat. Mittlerweilen hat sie mehr als sechzig Gemeinden in Deutschland unter die Lupe genommen. Das Thema ist eines, das alle Kommunalpolitiker interessiert und bei den meisten das Euro-Zeichen in den Augen zum Leuchten bringt: „Auswirkungen Innerstädtischer Shopping Center“

 

 

Einkaufszentren wuchsen wie Krebsgeschwüre rund um kleine, mittlere und große Städten. Die Wirkung ist klar und sichtbar: Die Zentren machten Kasse und die füllte auch den Stadtsäckel. Gleichzeitig wurden die Innenstädte atmosphärisch ärmer, die kleinen Tante Emma Läden verschwanden und das urbane Leben zumeist auch. Die Menschen, die ihre Stadt lieben und schätzen, verstehen die Welt nicht mehr. Die Stadtväter wiederum sagen: ‚Da kann man nichts machen, wir können niemanden dazu zwingen, ein Geschäft zu eröffnen!“ Da tauchte die vermeintliche Quadratur des Kreises auf: Die Innerstädtischen Shopping Center (ISC) werden in vielen Gemeinden als Lösung gehandelt – so auch zuletzt in Weißenburg oder in Roth.

 

„In vielen Städten entstehen seit einiger Zeit neue, große Einkaufs-zentren nicht mehr am Stadtrand, sondern in der Innenstadt. Die Betreiber behaupten, das belebe die Stadtzentren.“, so begann die Sendung „PLUSMINUS“ am 23. Januar 2013.  

 

Am Beispiel der Stadt Wetzlar zeigte die Sendung auf, wie sich die Hoffnungen aus dem Jahr 2005 – als der Konsumtempel „Forum Wetzlar“ eröffnet wurde - langsam der Trostlosigkeit wich. Damals glaubte man, dass sich die blutleere Innenstadt in dieser Kombination wieder berappeln würde. Die Kameras von PLUSMINUS konnten aber kein lebendiges Bild einfangen. Nichts hatte sich belebt, im Gegenteil: alles wirkte ein wenig herunter gekommen.

Und dann kommt ein Passant oder ein Ladenbesitzer ins Bild und redet sich seinen Frust von der Leber weg.

"Früher war es hier schon wesentlich belebter, viel schöner und angenehmer die Atmosphäre. Man sieht ja selbst, was hier passiert ist, es sind 1-Euro-Läden." "Die kleinen Geschäfte, die eigentlich den Charme ausgemacht haben in Wetzlar sind weg." - „Mit dem Forum – dieses Riesending. Da zieht alles hin und rundherum ist nicht mehr viel los. Traurig.“ "Heute, egal, wann ich rausschaue. Links keiner, rechts keiner."

Im Rathaus wollte man das anders – eigentlich! Monika Walther sieht es aber ganz anders:"Das führt dann dazu, dass die gewachsenen Einkaufsstraßen an Umsatz, an Kunden verlieren und es dadurch über kurz oder lang zu Geschäftsaufgaben und Leerständen kommt. Das gilt insbesondere für kleinere Städte."

 

Ein wenig gesunder Menschenverstand würde in den meisten Fällen genügen. Warum sollten die Einkaufszentren eigentlich die Innenstädte in ihr Konzept einbinden? Warum sollten die Innenstädte gestärkt werden? Für den Investor ist es doch wichtig, dass jeder Eurocent im Einkaufszentrum bleibt. Jeder Euro der in die Innenstadt entwischt, ist ein verlorener Euro für Bilanz und Umsatz. So einfach ist das!

 

 

In Ludwigshafen passiert aktuell dasselbe Spiel. Hier heißt das „Forum Wetzlar“  einfach und schlicht „Rhein-Galerie“! Der Mannheimer Morgen führte am 4. März 2013 dazu ein Interview mit Monika Walther.

 

Wie sehen Sie die Situation in Ludwigshafen?

 

Monika Walther: Die Situation erscheint mir ziemlich dramatisch - allerdings nicht erst seit gestern. Die Innenstadt war noch nie besonders gut aufgestellt. Zum einen leidet sie grundsätzlich unter der Nähe zum sehr viel stärkeren Mannheim, zum anderen konnte sich auch aufgrund der Dominanz des schon seit Ende der 1970er Jahre bestehenden Rathaus-Centers ein anziehendes und vielfältiges Einzelhandels-angebot in der Fußgängerzone nie wirklich gut entwickeln. Als jetzt noch die Rhein-Galerie hinzu kam, haben sich die Einkaufsströme praktisch komplett in die beiden großen Center verlagert.

 

 

Was bedeutet das für die Eigentümer?

 

Walther: Dass sie gar nicht genügend erwirtschaften können, um beispielsweise in die Aufwertung ihrer Ladenflächen zu investieren - und für wen auch? Diese Flächen sind momentan so gut wie gar nicht zu vermieten, egal zu welchem Preis. Dann stehen sie eben leer.

 

Und was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Stadt?

 

Walther: Ich denke, dass die Innenstadt damit leben muss, dass Einkaufen in traditionellen Geschäftsstraßen hier zukünftig kaum mehr stattfinden wird, sondern sich ganz überwiegend in den Centern abspielt. Da nützt auch ein bisschen "Aufhübschen" oder die Neugestaltung der Fußgängerzone nichts. Ich würde gern etwas anderes sagen, aber nüchtern betrachtet ist hier meines Erachtens nicht mehr viel zu retten. Es wird auf lange Sicht nicht gelingen, schlagkräftige Magnetbetriebe anzusiedeln, die für eine Belebung notwendig wären. Dafür sind die Rhein-Galerie und das Rathaus-Center zu groß und zu mächtig - dort gibt es so viele Einzelhan-delsflächen wie anderswo auf verschiedene Geschäftslagen in der ganzen Innenstadt verteilt.

 

War denn die Ansiedlung der Rhein-Galerie ein Fehler?

 

Walther: Ludwigshafen hat durch die Rhein-Galerie recht deutlich an Kunden und Umsatz hinzugewonnen, die übrige Innenstadt hat jedoch verloren. Es fließt jetzt zwar weniger Kaufkraft nach Mannheim ab beziehungsweise mehr Kaufkraft aus dem Umland zu. Aber das reicht nicht aus. Die Anziehungskraft der Stadt Ludwigshafen insgesamt wird meiner Einschätzung nach auch in Zukunft niemals groß genug sein, um all diese Flächen auszulasten und neben den beiden Centern wieder einen gesunden, lebendigen Innenstadthandel auszubilden.

 

 

 

Es ist sonderbar, dass Kommunalpolitiker bereits vorhandene Expertisen ignorieren, wo sie doch allemal hilfreich wären. Lieber gibt man die Gewerbesteuer für eigene Gutachten aus, die dann den eigenen und falschen Standpunkt belegen sollen.

 

Frau Walther hat das Thema: ISC unter die Lupe genommen. Hier einige ihrer Kernaussagen: 

 

  • Auf gesamtstädtischer Ebene bewirken ISC nur in wenigen Ausnahmefällen eine dauerhafte Erhöhung des Einzelhandelsumsatzes bzw. der hieraus abgeleiteten Zentralität einer Stadt
  • ein grundsätzlich positiver – kausal begründeter – Zusammenhang zwischen ISC‐Ansiedlung und Umsatz‐ bzw. Zentralitätsentwicklung ist empirisch nicht festzustellen
  • im Durchschnitt der 20 Städte mit ISC (Eröffnung 1996‐2007) ist der Einzelhandelsumsatz im Zeitraum 1995‐2009 nicht stärker gestiegen als in den 20 Referenzstädten ohne ISC (im Schnitt jeweils +2% oder +23 Mio. € absolut innerhalb 14 Jahren, einbezogen Städte < 500.000 Einwohner)
  • ISC bewirken in der Regel ein deutliches Absinken der innerstädtischen Ladenmieten und Immobilienwerte – zurück zu führen auf die verminderte Nachfrage expansiver Handelsunternehmen (insbesondere Modefilialisten) nach Ladenflächen in 1a‐Lage aufgrund tatsächlich sinkender Umsätze oder erwarteter Umsatzrückgänge; generell bzw. tendenziell korreliert ein niedriges/sinkendes Mietpreisniveau hoch mit geringem/abnehmendem Anteil city‐typischer Modegeschäfte, hohem/zunehmendem Anteil von Dienstleistungsbetrieben
  • niedrigere/sinkende Passantenfrequenzen et vice versa

 

 

Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Stadt, je höher die Innenstadtzentralität, je geringer das Zuwachspotential und je dominanter die Marktposition des ISC, desto wahrscheinlicher, dass es zu (innenstadt‐)internen Umsatzumverteilungs- effekten und in der Folge zu Einbußen hinsichtlich der Angebotsattraktivität in den bestehenden Geschäftslagen kommt.

 

Franken – Wir sind Rot-Weiß möchten, dass unser Innenstädt lebendig bleiben und dies möglichst lange. Wir werden weiter dieses Thema im Auge behalten und uns bei Bedarf zu Wort melden. 


Zusammengetragen von Hermann Drummer